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Wir beißen in den sauren Apfel

Wir beißen in den sauren Apfel

Hände hoch: Warst du seit Monaten auch nicht bei der Vorsorge, weil du dich nicht getraut hast, einen Termin auszumachen? Unangenehmes schiebt auch die Ottfried-Redaktion gerne auf. Als Motivation, genau das nicht zu tun, berichten wir von Erlebnissen, bei denen wir in den sauren Apfel beißen mussten.

Grafik: Kim Becker

Ich wollte immer Ärztin werde. Schon seit der Zeit, in der noch jeden Nachmittag Schloss Einstein lief. Aber mit dem Abi in der Tasche und vielen Optionen habe ich mich einfach nicht mehr getraut. Drei Semester VWL später wollte ich das dann aber irgendwie immer noch. Also habe ich mich einfach beworben, den Platz bekommen und mache im Doppelstudium jetzt sogar meinen VWL-Bachelor fertig. Ob ich wirklich Ärztin werde, wer weiß. Aber lieber einmal den sauren Apfel probiert und es gewagt haben, als verstrichene Chancen zu bereuen.

Anna Keller

Zoom-Veranstaltungen haben mir erst so richtig gezeigt, auf welche Weise und wie oft ich den sauren Apfel genieße. Denn ich kann Stille nach einer Frage in den leeren Raum hinein nicht ertragen. Den Schuldgefühlen meines eigenen Nicht-Antwortens folgt dann der saure-Apfel-Moment und ich muss das Schweigen brechen. Gezwungenermaßen folgt der Redebeitrag meinerseits. Mittlerweile habe ich erkannt, dass das nicht ausschließlich in der Uni vorkommt, sondern auch im Auto oder in der Ottfried-Sitzung.

Laura Weinmann

In meinen frühen Teenie-Jahren hatte ich, (wie wahrscheinlich viele), fürchterliche Body-Issues. Resultat: Schwimmunterricht war mein persönlicher Albtraum. Mein Bonus großzügiger „An Teilnahme verhindert wegen Erkältung”-Sportbefreiungen meiner Mama hat aber nicht immer gewirkt. Auch ihre Geduld hatte ein Ende: ich sollte in den sauren Apfel beißen und mitmachen. Scheiße. Tatsächlich war in dieser Stunde auch Rettungsschwimmen dran und alle durften in ihren längsten, schwersten Pyjamas ins Wasser springen, um einen realistischen Eindruck zu erhalten. Win-Win für mich: spannende Erfahrung, Angst überwunden und sogar beim Schwimmen in meiner Haut wohlgefühlt.

Mirjam Prell

Seit ich 15 bin habe ich mich schon für Psychologie und das menschliche Verhalten interessiert. Statt zu schlafen, habe ich mich stundenlang in psychische Störungen eingelesen. Als ich dann vor der Wahl meines Studiengangs stand, hat mein Schnitt für Psychologie gerade so nicht gereicht. Dafür konnte ich es als Nebenfach belegen. Also habe ich in den sauren Apfel gebissen und mich für Soziologie im Hauptfach eingeschrieben. Während des Studiums ist mir aufgefallen, dass mir Soziologie im direkten Vergleich deutlich besser gefällt. Jetzt stehe ich kurz vor meinem Masterabschluss in Soziologie. Manchmal schauen süße Äpfel auch einfach nur sauer aus. 

Katharina Reuter